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Leserbrief

Sicherheitskonzept statt Volksbefragung

 

Wie stark sich die Gurke krümmen darf, welcher Glühbirne der Strom abgedreht wird und dass der Radfahrer zukünftig  Handyfrei das Fahrrad lenken muss, das sind Themen, in die sich Politiker aller Coleurs liebend gerne verbeissen - der nationale Stimmenschwund bleibt bei derartigen Entscheidungen überschaubar und man kann lästige Bürger achselzuckend zum EU – Schalter weiter komplimentieren.

Und dann gibt es da noch andere Themen, so z.B.
Das Bundesheer sterben lassen oder nicht.

 

Hier aber stockt die Entscheidungsfreudigkeit unserer gewählten Volksvertreter, nicht aber deren Erfindergeist: “Das Volk soll entscheiden und sollten sich in Folge negative Auswirkungen ergeben, dann haben wir einen Schuldigen und wir gehen mit weissen Hemden in die nächste Parlamentssitzung!!”

Am 20. Jänner werden also die Frieden- und Wohlstandsverwöhnten österreichischen WählerInnen in einer Volksbefragung dazu gezwungen, aus dem Bauch heraus - ohne unterstützende Aufbereitung von Entscheidungsgrundlagen - zu entscheiden, ob die Wehrpflicht erhalten bleiben oder gegen ein Berufsheer getauscht werden soll.

 

Mit großem Engagement bin ich bis zu meiner Pensionierung meiner Berufung zum Offizier bei den Luftstreitkräften treu geblieben. Loyal habe ich Themen und Entscheidungen mitgetragen obwohl das nicht immer im Einklang mit meiner persönlichen Meinung geschah. Und ich war stolz auf "mein" Bundesheer!

Zutiefst betroffen stehe ich aber nun vor dem jetzigen Scherbenhaufen!! Moral der Truppe am Boden, kein Teamgeist mehr, viele sichern - ohne Rücksicht auf ein gemeinsames Ziel - ihren persönlichen Machtbereich ab, gute Ausrüstung wird verhökert, Personal wird reduziert und Liegenschaften verkauft und niemand im Kader kann derzeit definitiv sagen, was die Zukunft bringen wird.

 

Obwohl eigentlich ein Verfechter der Beibehaltung des Allgemeinen Wehrdienstes, bin auch ich mir nicht mehr sicher, welche Wahl ich am 20.Jänner treffen werde.

 

Unter Fortsetzung der derzeitigen Bedingungen wäre die Beibehaltung der Wehrpflicht eine unverantwortliche Forderung an zukünftige Grundwehrdiener. Nach einer ohnedies zu kurzen Ausbildung und unter den oben geschilderten desaströsen Bedingungen werden diese desillusionierten Rekruten - ohne weitere Verwendung in einem Milizverband – nach 6 Monaten aus der Wehrpflicht entlassen. Da ist wohl die Frage berechtigt, warum dann überhaupt diese Ausbildung?! (siehe statement von DDr.Erich Reiter)

 

Ein Berufsheer als Alternative?

Mit dem Aushungerungsbudget, mit dem derzeit gewirtschaftet wird, kann keinäquivalentes und gut gerüstetes Berufsheer auf die Beine gestellt werden. Eine Erhöhung des Budgets wird aber ausgeschlossen - ergodessen ist diese Variante reine Geldvernichtung, da eine Gewährleistungder Aufgabenerfüllung einer (derzeit nicht vorhandenen!!) Sicherheitsdoktrin kaum  möglich erscheint. Nicht einmal wir als Fachexperten (und noch weniger die politisch Verantwortlichen!) können mit den derzeitigen Vorgaben eine eindeutige Präferenz für A oder B artikulieren, aber dem “mündigen” Bürger wird zugetraut, die richtige Entscheidung zu treffen?! Staatstragendes Verhalten in wichtigen Sicherheitsfragen kann man das sicherlich nicht bezeichnen!!

 

Wir sollten daher mehr Courage beweisen und die politische Führung sowie die Verantwortlichen des Bundesheeres eindringlich darauf hinweisen, fünf vor Zwölf vielleicht doch noch die fehlenden Entscheidungshilfen zu liefern, oder andernfalls diese unwürdige Abstimmung abzubrechen.

Nur Kassandrarufer zu sein, ohne Lösungsvorschläge anzubieten, damit würde ich mich auf die Stufe der zögerlichen Politiker stellen, das widerspricht meiner Vorstellung von einem Offizier, von dem immer schnelle Entscheidungen gefordert werden. Daher hier meine persönlichen Lösungsvarianten: 

 

A/ ein verpflichtendes Sozialjahr für alle österr. Staatsbürger (männlich sowie weiblich!)     wobei jeder für sich entscheiden können sollte, welchen der 3 Ausbildungssäulen er einschlagen wird.

Die 3 Wahlbereiche sind:

-  12 Monate Bundesheer

-  12 Monate Katastrophendienst (Ausbildung, danach Verwendung in einschlägigen Institutionen )

- 12 Monate Sozialdienst (Ausbildung, danach Verwendung im Sozialdienst).

 

Alle daraus resultierenden  Gesetzesänderungen erfordern natürlich das Agieren mutiger und verantwortungsvoller Politiker, die nicht nur Stimmen zählen sondern auch Willens sind, konsequent Lösungen für staatstragende Ziele zu erarbeiten.

 

 

B/ Verschieben der Volksbefragung, bis eine vernünftige neue Sicherheitsdoktrin als fundierte Unterlage für eine Entscheidungsfindung vorliegt

 

C/ Aufstockung des Heeresbudgets oder Bundesheer auflösen und die Sicherung des Landes einem Bündnis übertragen.

 

Damit automatisch verbunden wäre die Aufgabe der Neutralität (existiert ja sowieso nur noch auf dem Papier!!) und die Verpflichtung, Österreichs Beitrag zu einem gemeinsamen (europäischen) Verteidigungsbündnis zu konkretisieren.

 

Kader und Grundwehrdiener des österreichischen Bundesheeres erfüllten bisher nach bestem Wissen und Gewissen Ihre Aufgaben, sie werden aber zur Zeit im Regen stehen gelassen.

 

 

Wird trotz vieler Warner die Volksabstimmung mit Text – und Zeitvorgabe durchgezogen werden, dann sollte zumindest danach so schnell wie möglich von allen Parteien und Entscheidungsträger gemeinsam ein seriöser Umbau der militärischen Sicherheitskomponente angegangen werden.

 

Denn ich schliesse mich den Worten von Erich Fried und den Ausführungen von Hubert Patterer(Chefredakteur der "Kleine Zeitung") an:  "Wer will, dass das Heer so bleibt, wie es ist, will nicht, dass es bleibt!"

 

 

Siegfried Albel