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Das Offizierskorps des Bundesheeres

Das Offizierskorps des Bundesheeres –
wie steht es um dieses und wie soll es weitergehen?

In Österreich spielten bei vielerlei Entscheidungen immer schon persönliche Befindlichkeiten eine bedeutsame Rolle. So zum Beispiel, als Dr. Bruno Kreisky bei der Neuaufstellung des Bundesheeres der 2. Republik den damaligen Generaltruppeninspektor fragen ließ, ob denn alle Offiziere des Bundesheeres in „A“ sein sollten und dieser antwortete: „Nicht notwendig.“

Die Entscheidung des Generals beruhte darauf, dass er als Angehöriger des Bundesheeres der ersten Republik durch sein Nichteintreten in die Wehrmacht grobe Nachteile gegenüber all jenen, die in der Wehrmacht Dienst taten, erlitt. Und bei seiner Wiedereinstellung im Bundesheer der zweiten Republik wollte er verhindern, dass jene, die in der Wehrmacht gedient hatten, die gleichen Vorteile genießen, wie er.

Fazit: Bis heute leiden die Offiziere des Truppendienstes darunter, dass sie trotz eines dreijährigen Studiums (heute sogar FH Bachelor-Studiengang) an der Theresianischen Militärakademie nicht alle den Status eines A-Beamten, also eines Akademikers, haben. Das, obwohl für die Ausübung des Berufes als „Berufsoffizier“ das akademische Studium unabdingbare Voraussetzung ist.

Das auch, obwohl in der allgemeinen Verwaltung unserer Republik Bachelors als A-Beamte mit einem eigenen Gehaltsstaffel behandelt werden. Augenscheinlich wird das Prinzip „divide et impera“ gelebt. Akademiker versus Nicht-Akademiker. Und wer Akademiker ist entscheiden eben nicht Vernunft oder andere (sachliche) Kriterien.

Unsere Verteidigungsministerin, Magistra Tanner, zeigte sich beim Vorbringen dieser Tatsache durch mich erstaunt darüber, dass dieser Zustand seitens des BMLV nicht als „Ungleichbehandlung“ gesehen wird. Noch mehr zeigte sie sich erstaunt darüber, dass dieser Zustand seit Einrichtung des FH-Studienganges an der TherMilAk besteht und durch das BMLV seither augenscheinlich nichts unternommen wurde, um die erkennbare Ungleichbehandlung zu beheben.

Ja, das wundert mich auch und ich kann aus meiner Erfahrung nur an alle Angehörigen des BMLV appellieren, persönliche Befindlichkeiten hintanzustellen und konstruktiv zu einer sachlichen Lösung dieser Frage beizutragen.

Denn ich erkenne aus meiner Erfahrung auch, dass ein anderes Verhalten den notwendigen Korpsgeist unter den Offizieren und generell im Bundesheer zerstört, damit aber auch unsere Funktionalität und somit die Existenzberechtigung zahlreicher Stellen im BMLV und letztlich wohl auch Arbeitsplätze allfälliger „Verhinderer“ deutlich gefährdet.

Heute schon bildet das Bundesheer zahlreiche Führungskräfte aus, die von anderen Ressorts wie auch zivilen Arbeitgebern mit Freude aufgenommen werden. Die ersparen sich dadurch jede Menge an Ausbildungskosten und bekommen meist auch in der Praxis erfahrene, gereifte Persönlichkeiten.

Das wäre kein vordringliches Problem, wenn diese Übertritte nicht zu einem guten Teil als „schmerzhafte Trennung aufgrund Zerrüttung der Beziehung“ zu bewerten wären. Damit sind wir wieder direkt in einer Situation, wo „persönliche Befindlichkeiten“ eine nicht zu übersehende Rolle spielen. Egal, ob es der Sachbearbeiter im Rechnungshof oder im Bundeskanzleramt (immigriert aus dem BMLV) ist – er wird seine im BMLV gemachten Erfahrungen mitnehmen und danach handeln. Es ist daher kurzsichtig, ja beinahe dumm, das eigene Personal nicht gut zu behandeln.

Das ist meiner Beurteilung nach besonders hinsichtlich des „Korpsgeistes“ der Offiziere des Bundesheeres relevant und tangiert auch die Frage der Loyalität. Wenn jemand das Gefühl hat, seinem Vorgesetzen als Mensch egal zu sein, kann das der Loyalität nicht förderlich sein, oder? Selbst dann, wenn diese Gleichgültigkeit nicht in der Person der unmittelbar Vorgesetzten sondern im System und in der Bürokratie begründet ist.

Meiner Meinung nach ist der Begriff „Offizierskorps“ deutlich infrage gestellt, wenn man die Zahlen jener Kameradinnen und Kameraden sieht, die unseren Beruf sogar schon unmittelbar nach dem Ausbildungsabschluss verlassen, um nicht den Begriff „aufgeben“ zu verwenden.

Daher appelliere ich an alle Verantwortungsträger im BMLV, besonders an unsere Frau Bundesministerin, das erkannte und als „Ungleichbehandlung“ zu beurteilende Problem der Offiziere des Truppendienstes rasch einer Lösung zuzuführen. Dazu unterbreitete die IGBO sowohl der GÖD als auch dem BMLV einen konstruktiven Vorschlag (siehe Info im Mitgliederbereich), der seitens der GÖD-Bundesheergewerkschaft positiv beurteilt wurde und erwartet von unserer militärischen Führung, dass es eine transparente und logisch ableitbare Vorgehensweise auch hinsichtlich einer Neuregelung des gesetzlich nicht mehr vorgesehenen Generalstabsdienstes gibt – ohne Nachteile für Betroffene aber mit Vorteilen für alle. Denn der Begriff „Offizierskorps“ umfasst alle!

Ich bin guter Hoffnung, dass so eine „Wiederherstellung“ beziehungsweise „Reparatur“ unseres Korpsgeistes gelingen kann, wenn das alle wollen und alle ohne Rücksichtnahme auf persönliche Befindlichkeiten mitmachen.

 

Dr. Siegfried Albel, Obst i.R.
Präsident der IGBO

Siegfried Albel