Stärkung der Umfassenden Landesverteidigung und Ausweitung des Rechtsrahmens für Auslandseinsätze plenarreif
Umbenennung der Windisch-Kaserne passiert Landesverteidigungsausschuss
Wien (PK) - Im Landesverteidigungsausschuss nahmen die Koalitionsparteien heute mehrere Oppositionsanträge als Ausgangspunkt für gemeinsame Initiativen. So wurde ein SPÖ-Antrag auf ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zur immerwährenden Neutralität, als Forderung von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen nach einer Stärkung der Umfassenden Landesverteidigung einstimmig angenommen. Das ebenfalls sozialdemokratische Anliegen, die Klagenfurter Windisch-Kaserne umzubenennen wurde zur Basis für einen gemeinsamen Entschließungsantrag der SPÖ mit den Koalitionsfraktionen, nach dem bis Ende des Jahres die Vorschläge der Militärhistorischen Denkmalkommission präsentiert und unter Einbindung des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt eine Entscheidung über die Umbenennung herbeigeführt werden soll. Dafür sprachen sich alle Fraktionen außer den Freiheitlichen aus.
Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und der antragstellenden Fraktion NEOS mehrheitlich angenommen wurde auch die Ausweitung des Rechtsrahmens für die Teilnahme Österreichs an einer schnellen europäischen Eingreiftruppe. Nach einem im Ausschuss eingebrachten Abänderungsantrag fordern sie konkret die Novellierung der zugrundeliegenden Gesetzesmaterie unter spezieller Berücksichtigung der Implikationen des "Strategischen Kompasses" der EU.
Einstimmig zur Kenntnis nahmen die Abgeordneten den Bericht des Verteidigungsministeriums zum COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für Juni 2022, in dem Assistenzleistungen für das Innenressort mit 2.969.489,83 € veranschlagt werden. (III-706 d.B.)
Wiederbelebung der Umfassenden Landesverteidigung
Der Krieg in der Ukraine sowie die Beitrittsansuchen Schwedens und Finnlands an die NATO hätten die Frage der österreichischen Neutralität erneut ins Zentrum der öffentlichen Debatte gerückt. Daher erachtet es die SPÖ als notwendig, dass die Bundesregierung sich klar für die Beibehaltung der immerwährenden Neutralität Österreichs ausspricht und den Beitritt zu einem Militärbündnis wie der NATO ausschließt (2651/A(E)). Zudem fordert sie, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Herstellung eines "verfassungskonformen Zustandes", insbesondere bezüglich der umfassenden Landesverteidigung, herzustellen.
Zusammen mit ÖVP, FPÖ und Grünen stimmten die Sozialdemokrat:innen für einen im Ausschuss eingebrachten Entschließungsantrag, in dem die Wiederbelebung und Stärkung der Umfassenden Landesverteidigung im militärischen, geistigen, zivilen und wirtschaftlichen Sinne gefordert wird. Der SPÖ-Ursprungsantrag blieb mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ in der Minderheit.
Im Ausschuss fragte Robert Laimer (SPÖ) Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, ob sie gedenke sich an der EU-Trainingsmission für die Ukraine zu beteiligen, und wie sie zu einer zunehmend engeren Zusammenarbeit zwischen EU und NATO stehe.
Tanner: Landesverteidigung "endet nicht am Kasernenzaun"
Verteidigungsministerin Tanner sprach sich für eine militärische Neutralität aus, nicht aber für eine politische. Die Neutralität gebe Österreich klare Handlungsschranken vor, doch es sei auch wichtig die europäische Solidarität zu wahren, was etwa mit dem Mittragen der Sanktionen gegen Russland geschehen sei. Eine Teilnahme Österreichs an der von Laimer angesprochenen Trainingsmission sehe sie nach eingehenden Prüfungen im Ressort jedoch nicht. Wenn 23 von 27 Mitgliedsstaaten gleichzeitig Mitglieder von EU und NATO seien, müsse von einer zunehmenden Gleichgewichtsverschiebung ausgegangen werden, so Tanner.
Insbesondere die geistige Landesverteidigung sei über Jahrzehnte hindurch vernachlässigt worden, was nun behoben werden soll. Auch die militärische Landesverteidigung werde an Bedeutung gewinnen, doch die Basis sei es zu wissen, was verteidigt werde. Die Landesverteidigung "endet nicht am Kasernenzaun", sagte Tanner.
David Stögmüller (Grüne) gratulierte Tanner zur Budgetaufstockung und zeigte sich erfreut ob des überparteilichen Bemühens, das Bundesheer weiterzuentwickeln. Für Volker Reifenberger (FPÖ) war die Ablehnung des Ursprungsantrags "verdächtig". Er äußerte sein Unverständnis darüber, dass ein NATO-Beitritt damit nicht ausgeschlossen werde. Die Umfassende Landesverteidigung sei kein Überbleibsel des Kalten Krieges und die Geschlossenheit der Fraktionen bei dieser Frage ein wichtiges Zeichen, erklärte Wolfgang Gerstl (ÖVP). NEOS-Mandatar Wolfgang Brandstätter warf die Frage auf, ob nicht die Bombardierung ziviler Einrichtungen in der Ukraine, als Kriegsakt zu werten sei, um bewusst eine neue Flüchtlingswelle auszulösen. Dahingehend gab Friedrich Ofenauer (ÖVP) zu bedenken, dass die Definition, was ein Kriegsakt sei, mit größter Vorsicht vorgenommen werden müsse, da dies schwerwiegende Folgen zeitigen könne.