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Die Netzwerkgesellschaft und das nationale Krisenmanagement

Anfang Oktober erscheint im Heft 5/2012 der Zeitschrift Truppendienst der abschließende Artikel zur 5-teiligen Serie über das Thema "Blackout" mit dem Titel "Die Netzwerkgesellschaft und das nationale Krisenmanagement".

Bisher sind erschienen:

Heft 1/2012 - Blackout
Heft 2/2012 - Blackout - Nichts geht mehr
Heft 3/2012 - Blackout - Die Katastrophe ...
Heft 4/2012 - Blackout - Selbsthilfefähigkeit

Ich denke, es lassen sich daraus durchaus hilfreiche Argumentationshilfen für die aktuelle Debatte ableiten. Hier ein paar Auszüge vor weg:

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"Mit der bisherigen Serie zum Thema „Blackout“ erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit einer komplexen Schadenslage. Dieses Szenario ist nicht das einzige dieser Kategorie. Ganz im Gegenteil, verschiedene Analysen gehen davon aus, dass unsere Gesellschaft in Zukunft häufiger mit völlig unerwarteten und überregionalen Großschadenslagen konfrontiert werden wird. Daher ist eine umfassendere Betrachtung der Umfeldbedingungen erforderlich, um die Gesamttragweite, auch für das nationale Krisenmanagement, erfassen zu können."

Bei den bisherigen Debatten geht es immer um "Profis", aber niemand sagt, für was wir konkret "Profis" brauchen, bzw. welche Aufgaben sie zu lösen haben ...

"Viele aktuelle und globale Krisen, wie etwa die Finanz-, Wirtschafts-, Staatsschulden- oder Energiekrise, der Klimawandel oder die Bevölkerungsexplosion, basieren auf den bisherigen Denkweisen aus dem Industriezeitalter und einer linearen Fortschreibung der Vergangenheit („Rückspiegeleffekt“). Die bisherigen Lösungskompetenzen und -wege sind immer weniger dazu geeignet, die anstehenden Probleme zu lösen. Dies liegt auch daran, dass hier die Einflüsse der Netzwerkgesellschaft – wie etwa durch die Vernetzung – eine wichtige Rolle spielen, aber noch zu wenig berücksichtigt werden. Beispielsweise ist die bisher übliche Organisationsform der Hierarchie immer weniger in der Lage, mit den Anforderungen der Netzwerkgesellschaft und damit einhergehend mit der immer komplexer, vernetzter und dynamischer werdenden Welt, Schritt zu halten. Eine zentrale Ursache für viele Fehlentwicklungen ist auch in der seit den 1990er Jahren verfolgten kurzsichtigen Gewinnmaximierung zu suchen. Durch die Missachtung einer langfristigen Planung wird die nachhaltige Überlebensfähigkeit von Organisationen und Systemen aufs Spiel gesetzt."

"Eine weitere Erkenntnis ist, dass bei komplexen Schadenslagen die vorgesehenen Hilfsstrukturen völlig überfordert werden und nicht ausreichen. Daher ist eine aktive Einbindung der Bevölkerung, insbesondere durch die Stärkung der Selbsthilfefähigkeit und die Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen Resilienz, unverzichtbar. Oft fehlt es nicht am Know-how, sondern an der Zusammenführung und Bündelung und an der Umsetzung. Diese Bündelung ist jedoch nicht im Sinne von Zentralisierung, sondern im Sinne von Vernetzung zu verstehen."

"Komplexen Schadenslagen kann nur durch eine proaktive Systemgestaltung nachhaltig begegnet werden. Daher ist es erforderlich, den Fokus verstärkt auf die vernetzte Krisenprävention zur richten und dies am besten noch vor der ersten Krisenerfahrung, da die erwartbaren Schäden in keiner Relation stehen. Dies erfordert aber neue Herangehensweisen in der Risikobeurteilung, Risikokommunikation und im Aufbau einer gesamtgesellschaftlichen Resilienz."

Hier ein zusätzlicher Verweis auf das Thema Stromversorgungssicherheit:
Selbst Stromnetzbetreiber fürchten den Blackout

Im Zusammenhang mit dem Katastrophenschutz empfiehlt sich ein Blick in die nicht mehr ganz so neue Studie der Allianzversicherung
Allianz Deutschland AG (Hrsg.):
Katastrophenschutz auf dem Prüfstand/Analysen, Prognosen und Empfehlungen für Deutschland. In: Internet, 2008, unter URL: http://www.dgkm.org/pdf.php?id=1190&lang=de&name=Katastrophenschutz+auf+dem+Pr%C3%BCfstand+-+Studie+der+Allianz+AG

So etwa die Empfehlung auf Seite 49f:
„in jeder Gemeinde einen zumindest ehrenamtlichen Beauftragten für Selbstschutz einzuführen. Er soll
* den Bürgermeister und/oder örtlichen Einsatzleiter über den Stand der Selbsthilfe und des Selbstschutzes innerhalb der Gemeinde informieren;
* die Bürgerschaft zu mehr Selbsthilfe/Selbstschutz anregen und fachlich beraten;
* die Gemeindeverwaltung zu mehr Selbsthilfe/Selbstschutz anregen und fachlich beraten, z. B. Mithilfe bei der Initiierung eines Evakuierungsplans oder eines Notbrunnens mit Füllstandsanzeige.
Der mögliche Erfolg dieses Beauftragten wird nicht nur abhängen von seiner Fach- und Sozialkompetenz, sondern auch von seinen Rechten (Anhörung, Einsichtnahme, Mitsprache) und Finanzmitteln (Aus- und Weiterbildung, Öffentlichkeitsarbeit). Es ist sehr wichtig, dass diese Beauftragten von einer unabhängigen zentralen Stelle, z. B. dem BBK, ausgebildet und mit Informationen versorgt werden, damit bundesweit ein gleiches Schutzniveau entstehen kann.“

Einen derartigen Lösungsansatz gibt es bereits in Großbritannien:
„Zudem wurden in Grossbritannien sogenannte Regional Resilience Teams aufgebaut. Diese dienen der Kommunikation zwischen den regionalen Partnern und den Regierungsstellen und unterstützen die regionalen Resilienz Foren, in welchen die lokalen Notfalldienste ihre Krisenvorbereitungen koordinieren.“

Beispielsweise erfolgte nach dem Versagen des amerikanischen Krisenmanagements bei der Hurrikan-Katastrophe Katrina auf staatlicher Ebene eine Richtungsänderung:
„Als Konsequenz daraus schwenkte das Department of Homeland Security (DHS) auf einen all-hazards-approach ein, und die US Critical Infrastructure Task Force legte fest, dass die Erhöhung der Resilienz – und nicht etwa verstärkte Schutzmassnahmen – für das DHS oberste Priorität haben sollte.“

Saurugg Herbert